Wasserschloss
Die Geschichte der Ortschaft Alme ist eng verknüpft mit der Geschichte der adeligen Familien in Alme. Heutiger Besitzer des Hauses Niederalme, sowie auch von Haus Tinne, Haus Bruch und Haus Almerfeld ist die Familie von Spee, an deren Spitze Wilhelm Graf von Spee steht. 1912 hat Franz Reichsgraf von Spee die Herrschaft Alme von den Grafen von Bocholtz erworben.
Das Haus Niederalme, wie es sich heute darstellt, ist ein dreiflügeliger Gebäudekomplex, wobei die Seitenflügel einen nach Norden hin geöffneten Innenhof umschließen. Das schlichte zweigeschossige Herrenhaus erhebt sich über einem hohen Untergeschoß, dessen beachtliche Höhe an der Freitreppe sichtbar wird.
Über dem Hauptportal der Hofseite befindet sich ein Doppelwappen Dietrich Adam von Meschede und Adriane Wilhelmine von Schorlemer. Die Jahreszahl 1719 deutet wahrscheinlich auf den Baubeginn hin. Akten und Jahreszahlen über Beginn und Ende der Erbauung liegen uns – nach heutigem Kenntnisstand – nicht vor. Ebensowenig ist bekannt, welcher Baumeister das Schloß erbaut hat.
Die ursprüngliche Freitreppe im Innenhof wurde erst um 1830 erbaut. Zu diesem Zeitpunkt war Dietrich Graf von Bocholtz zu Meschede Inhaber der Herrschaft Alme. Seine Ehefrau war Charlotte Freiin von Schade zu Ahausen. Ihr Doppelwappen findet sich neben dem Eingang zum Untergeschoß. Reste der Freitreppe von 1830 finden sich noch heute im Schloßpark.
Die heutige Freitreppe wurde 1962 nach einem Entwurf des Rüthener Architekten Eduard Bufé errichtet, der auch als Kunsterzieher am Gymnasium Petrinum in Brilon tätig war. Alme zählte zu dieser Zeit zu den Besitzungen von Wilderich Reichsgraf von Spee und seiner Gattin Ernestine Reichsgräfin Kinsky von Wichinitz und Tettau. Ihr Wappen ist über dem Eingang zum Untergeschoß unterhalb der Freitreppe zu sehen.
Im östlichen Winkel der Freitreppe ist als Spottbild ein Steinrelief eines sich küssenden Paares angebracht. Dargestellt sind der Kölner Erzbischof Gebhard Truchsess von Waldburg und die Äbtissin Agnes von Mansfeld. Das Relief befand sich früher am Haus Tinne in Oberalme..
Paul Köster berichtet, daß sich die Reformation unter dem Kölner Erzbischof Gebhard Truchsess von Waldburg besonders hart auf das zur Erzdiözese Köln gehörende Herzogtum Westfalen ausgewirkt hat. Gebhard Truchsess von Waldburg setzte die Einführung der Reformation im Herzogtum Westfalen mit Gewalt durch. Von Waldburg hatte eine Beziehung zu Agnes von Mansfeld. Da er weder sie, noch sein geistliches Fürstentum aufgeben wollte, faßte er den Plan, die Reformation im Herzogtum einzuführen, zu heiraten und als weltlicher Kurfürst weiter zu regieren.
Die Tinne war seit 1180 im Besitz des Erzbischofs von Köln, der sie an Adelige verlieh, die ihm dafür freie Unterkunft stellen mußten, wenn er in der Umgebung Reisen unternahm. 1583 trat Gebhard Truchsess von Waldburg zum Calvinismus über und heiratete Agnes von Mansfeld. Der damalige Besitzer von Haus Tinne, Otto von Wolmeringhausen, war unter Truchsess weltlicher Kirchenkommissar im Herzogtum Westfalen. Da der Adelige von Niederalme der katholischen Kirche treu blieb, ließ er zum Spott auf den gefallenen Erzbischof die Köpfe des Truchsess Gebhard von Waldburg und der Agnes von Mansfeld in Stein hauen.
Die Kapläne Koch und Näggerath aus Brilon versuchten von Truchsess beauftragt, die neue Lehre auch in Alme zu verbreiten. 41 Familien traten zum Calvinismus über. Um 1600 wird über die gestörte Ordnung im Archidiakonat Haldinghausen geklagt. Der zuständige Pfarrer soll verheiratet gewesen sein. Das für Alme zuständige kirchliche Sendgericht stellte 1617 in Alme und Umgebung arge sittliche Mißstände fest.
Auf der gegenüberliegenden Seite des Innenhofes steht mit dem Rücken zur Gräfte eine lebensgroße Freiplastik des hl. Nepomuk. Am Sockel findet sich das Alliancewappen der Familien von Meschede/von Bruch mit der Jahreszahl 1739.
An dieser Stelle soll noch auf zwei interessante historische Begebenheiten hingewiesen werden:
Um 1600 bestehen auf dem Gelände des heutigen Hauses Niederalme zwei Häuser, das alte und das neue Haus Niederalme, beide bewohnt von Mitgliedern der Familie von Meschede, nämlich Mordian und Philipp. Im Zuge von regelmäßig auftretenden Erbstreitigkeiten wurde nunmehr urkundlich festgelegt, daß beide Häuser durch eine 9 Fuß (2,83 m) hohe Mauer getrennt wurden. Die beiden Häuser wurden zu dieser Zeit von Mordian sowie von Philipp von Meschede bewohnt.
Mordian von Meschede bedenkt Philipp von Meschede nicht in seinem Testament, sondern setzt den Sohn von Johann Georg von
Holdinghausen als Universalerben ein. Als Mordian im November 1639 im Sterben liegt ergeht sich Philipp von Meschede in wüsten Drohungen. Die Witwe von Georg von Holdinghausen und Mutter des Erben wendet sich mit der Bitte um Schutz an die kurkölnischen Räte in Arnsberg. Diese entsenden 5 Schützen, die am späten Abend eintreffen. Um diese Zeit ist Mordian von Meschede bereits verstorben. Um Mitternacht dringen Philipp von Meschede, einige seiner Leute und Johann Jobst von Hanxleden, Besitzer des Hauses Bruch, in das Sterbehaus ein, überlisten und entwaffnen den Führer der Schützen, den sie anschließend einsperren. Danach werden der Rentmeister des Verstorbenen, die Witwe des Georg von Holdinghausen und ihre Tochter mißhandelt. Hierzu wird jedoch, wie berichtet wird, das Licht ausgelöscht. am nächsten Tag müssen sich Philipp von Meschede und Johann Jobst von Hanxleden vor dem Gogericht in Brilon verantworten. Über eine entsprechende Bestrafung wird jedoch nichts berichtet.
Im Torbogen des Schlosses finden sich drei gußeiserne Grabplatten, die Arbeiter 1925 bei Bauarbeiten im Chorraum der katholischen Pfarrkirche gefunden haben und die zur Abdeckung von Grabstellen unter dem Chor dienten. Auf den Platten ist im einzelnen übersetzt zu lesen:
Am 10. November des Jahres 1696 starb die hochedelste Maria Elisabeth Metternicht, Herrin von uns zu Holdinghausen, in Schweppenburg im Alter von 88 Jahren. Sie möge ruhen in Frieden.
Am 13. Februar des Jahres 1700 ist die hoch wohlgeborene Freifrau von Meschede, Maria Elisabeth, geborene Freiin von Holdinghausen, Frau von Alme, Anröchte, Efflen, Berge, Brabecke und Brenken im Herrn selig entschlafen.
Am 21. Mai des Jahres 1703 starb im hohen Alter der hochedele und vornehme Herr Wilhelm Rötger, Freiherr von Meschede, geboren als Erbherr zu Alme, Anröchte, Efflen, Brenken, Berge, Brabecke, Kämmerer seiner Durchlaucht des Kurfürsten zu Köln und Deputierter des Herzogtums Westfalen. (Zur Erläuterung sei noch mitgeteilt, daß Maria Elisabeth von Holdinghausen, die Tochter von Maria Elisabeth von Metternicht zu Holdinghausen am 13. Februar 1677 Wilhelm Rötger von Meschede heiratete.) Über dem Torbogen ist im Wappenstein wiederum das Doppelwappen von Meschede/von Bruch mit der Jahreszahl 1756 und dem Hinweis renoviert 1865 zu erkennen. .
Von der Straße bietet sich ein imposanten Anblick der Südseite des Herrenhauses. Prägend ist der reich geschmückte dreiachsige Mittelrisalit. August Kracht schreibt dazu in seinem Buch Burgen und Schlösser im Sauerland: Besondere Beachtung verdient der dreiachsige Mittelrisalit der Gartenfront, der in der Zusammenfassung der beiden Geschosse durch Kolossalpilaster korinthischer Ordnung an den niederländischen Klassizismus anknüpft. In der Bekrönung des reich skulpierten Portals präsentieren zwei Löwen eine große Kartusche mit dem Wappen Meschede/Bruch. Auf dem Sturz findet sich die Zahl 1744 als Jahr der Vollendung. Fruchtgehänge, Rosetten, Muschel- und Palmettenmotive zieren Portal und Fensterrahmen, ebenso minutiös behandelt wie das begleitende Rankenwerk das sich als Füllung im großen Giebelfeld des Risalits neben Rundfenstern und einer Kartusche wiederholt. In den plastisch bereicherten Fensterumrahmungen und -verdachungen verrät sich die Nähe des Bürener Jesuitenkollegs. .
Nun werfen wir noch einen Blick in den Schlossgraben (8). Eher unscheinbar und unattraktiv ist dort die Unterwasservegetation. Doch für den interessierten Naturbeobachter lohnt es sich, auch hier einmal näher hin zu schauen. So lässt sich mit ein wenig Glück das Zarte Hornkraut (Ceratophyllum submersum) entdecken. Diese zierliche Unterwasserpflanze mit ihren quirlblättrigen, fädlichen Verästelungen ist eine sehr seltene Pflanze der wärmeren Tieflagen und weist in Nordrhein-Westfalen nur sehr wenige Vorkommen auf. In weiten Landesteilen ist sie vom Aussterben bedroht. Sie konnte erst im Jahre 2000 im Schlossgraben entdeckt werden.
In den bewachsenen Uferbereichen hat der Zwergtaucher seinen Lebensraum. Die kleinste Taucherart unserer Landschaft ist ein seltener Bewohner von kleinen Gewässern. Nur wenige Brutpaare sind im Sauerland zu finden.
Die alte Schlossmauer ist von verschiedenen Farnen bewachsen, die ursprünglich im Mühlental an den Felsen ihr zu Hause haben. Hier sind der Zerbrechliche Blasenfarn, der Braunstielige Streifenfarn und die Mauerraute zu erwähnen.
In den Baumkronen von Pappeln, Weiden und auch Obstbäumen rund uns Schloss, aber auch an anderen Stellen Almes lassen sich besonders im Winter kugelartige grüne Pflanzen entdecken. Die Mistel (Viscum album) ist ein Schmarotzer, die sich auf Weichhölzern ansiedelt. Sie zapft die Bäume an und stellt so ihre Nahrungsversorgung sicher.
Verbreitet wird die Mistel von Vögeln, insbesondere von Drosseln, die die klebrigen Samen auf den Bäumen hinterlassen. Die Mistel kommt im Sauerland nur in den Randbereichen vor. Da sie auf mildes Klima angewiesen ist, erreicht sie in Alme ihre Höhengrenze.