- Vom 20. bis 22. Juli 2024 Schützenfest der St. Sebastian Schützenbruderschaft -

Große Mausohren fühlen sich dort pudelwohl – es wurde frisch renoviert

Große Mausohren auf dem Dachboden der Almer Kirche.

Seit mehr als 50 Millionen Jahren leben Fledermäuse auch in Deutschland, wie die Funde aus der Grube Messel bei Darmstadt beweisen. Heute gibt es weltweit mehr als 1400 verschiedene Arten, 18 Arten kommen im Hochsauerlandkreis vor. Ungefähr ein Viertel aller Säugetiere sind Fledermäuse. Fledermäuse sind hochspezialisierte Insektenjäger. Mit ihrem Ultraschall können sie kleinste Gegenstände orten, die Insekten am Flügelschlag erkennen, mit ihren empfindlichen Ohren Laufkäfer nur durch deren Krabbelgeräusche, Raupen durch deren Fressgeräusche finden und ihr Magnetsinn hilft ihnen bei der Orientierung auf weiten Wanderungen. Alle Fledermausarten haben ein sehr stark ausgeprägtes Sozialverhalten. In einer Gruppe von Tieren kennen sich alle und haben genau wie Menschen Freundschaften, die oft während ihres gesamten Lebens bestehen bleiben. An kalten Tagen wärmen sie sich gegenseitig, kuscheln eng aneinander. Sie sind ständig miteinander in Kontakt, begrüßen sich wenn sie sich im Flug begegnen.

Fledermäuse haben eine Sprache, können Informationen austauschen und die Neugeborenen müssen genau wie menschliche Kinder diese Sprache erst einmal lernen. Die Signalverarbeitung in ihrem Gehirn ist zehn bis 15 Mal schneller als beim Menschen und auch wenn sie miteinander sprechen, geht das in einem sehr schnellen Tempo. Es gibt noch keine Übersetzung der Fledermaussprache ins Deutsche. Da fehlen noch ein paar Jahre Forschung. Man hat aber herausgefunden, dass sie fremde Artgenossen anders ansprechen als ihre Freunde und Männchen anders begrüßt werden als Weibchen.

Fledermäuse haben sich an ein Leben in Dunkelheit angepasst. Tagsüber sind sehr viele Greifvögel aktiv, denen sie in der Fluggeschwindigkeit deutlich unterlegen sind. Nachts stellen Waldkauz und Schleiereulen eine große Gefahr dar. Diese Eulen haben Fledermäuse zum Fressen gern. Mausohren versuchen ihre Feinde zu täuschen. Erkennen sie eine Eule, imitieren sie das Brummen einer aufgeregten, angriffslustigen Hornisse. Eine Eule, die schon einmal Erfahrungen mit Hornissen gemacht hat, ändert sofort ihren Kurs. Und die „große Hornisse“ mit ihren langen Ohren und weichen Flügeln entkommt.

Aber woher weiß so ein Mausohr, dass Eulen keine Hornissen mögen?

Das „Große Mausohr“ mit einem Gewicht bis maximal 30 Gramm und einer Flügelspannweite von ca. 40 cm ist die größte Fledermausart in Deutschland. Große Mausohren suchen am Boden nach Laufkäfern, die sie auf Äckern und Wiesen, hauptsächlich aber auf dem Waldboden, finden. Käfer können bedingt durch ihren Chitinpanzer nur zu einem geringen Teil verdaut werden.

Um sich ausreichend ernähren zu können, müssen Große Mausohren sehr viele Käfer finden. Bis zu einem Viertel ihres Körpergewichtes, das sind ca. 40 bis 50 Käfer, muss so eine Fledermaus pro Nacht fressen. Wenn es regnet, können Fledermäuse nicht ausfliegen. Dann muss schon mal die Beute einer Nacht für viele Tage reichen.

Den Sommer verbringen Fledermäuse in der Nähe ihrer Jagdgebiete. Die Weibchen versammeln sich ab Mitte März zu Wochenstubengruppen. In einem geeigneten Quartier bereiten sie sich auf die Geburt ihrer Jungen vor, die je nach Wetter Ende Mai oder im Juni geboren werden. Die Jungtiere werden über einen Zeitraum von 8 Wochen gesäugt. Bis die fliegen und sich selbstständig ernähren können, sind sie schon so groß wie ihre Mütter. Ab dem zweiten Lebensjahr können Mausohrweibchen pro Jahr ein einziges Junges bekommen. In kalten, nassen Sommers sterben sehr viele Jungtiere, weniger als 20% der weiblichen Jungtiere überleben so lange, dass sie selber einmal Nachwuchs bekommen können. Die Zeit bis zur Selbstständigkeit ihres Nachwuchses verbringen alle gemeinsam in ihrem geschützten Quartier.

Mausohren sind treue Kirchgänger. In privaten Häusern gibt es keine für die Tiere zugänglichen Dachböden mehr. Kirchen, auch einige Schlösser, bieten große ungestörte Dachböden auf denen sich bis zu 3000 Tiere versammeln können. Begrenzt wird ihre Zahl durch die im Umfeld des Quartieres verfügbare Nahrung. Im Herbst müssen die Fledermäuse Fettvorräte anlegen. Im Winter finden Fledermäuse keine Insekten mehr, den müssen Große Mausohren, wie viele andere Arten auch, unter der Erde in großen alten Gewölbekellern, in Bergwerken und Höhlen verbringen. Dort müssen sie für ca. 5 Monate von ungefähr 6 bis 7 Gramm Fettreserven leben. Große Mausohren sind in NRW nicht so häufig wir zB in Bayern.

Diese Wochenstube hier in Alme ist die einzige im gesamten Hochsauerlandkreis.

Warum mögen so viele Mausohren die Almer Kirche?

Entscheidend für die Wahl eines Wochenstubenquartieres sind der Standort und das Raumklima. Große Mausohren sind typische Dachbodenbewohner. Der muss groß sein, er soll ungestört bleiben. Katzen, Tauben, Eulen, Marder und Waschbären dürfen nicht da hinein gelangen können. Der Dachboden muss warm sein. In der Regel sind das Dachböden von Gebäuden, die im Frühjahr, Herbst und Winter beheizt werden.

Fledermäuse bauen keine Nester, mögen es warm und warme Quartiere sind vorteilhaft für die Aufzucht der Jungtiere. Die sind bei der Geburt nackt und winzig und können sich noch nicht sebstständig warm halten. Vom Dachboden aus müssen die Jagdgebiete im Wald schnell erreicht werden können, ohne Straßen überqueren zu müssen oder zwischen hell beleuchteten Wohnhäusern den Weg suchen zu müssen. Fast alle Fledermäuse meiden hell beleuchtete Bereiche. Sie würden sich dort der Gefahr aussetzen, von Eulen gesehen und gefangen zu werden. Die Mausohren fliegen erst sehr spät in völliger Dunkelheit aus. Die wenigsten Menschen haben schon einmal ein fliegendes Mausohr gesehen. Aus dem Turm der Kirche heraus fliegen sie entlang des Friedhofes zum Mühlental, von dort aus weiter in die Wälder im Süden, Osten und in das Almetal.

Mitte Juli 2021 konnten 320 Tiere gezählt werden, am 3. Mai 2022 waren es schon 645 Tiere und zusammen mit ihren Jungen waren es im Juli 2022 schon 900 Mausohren. Erfreulich!

Der Dachboden der Kirche ist 2022 verändert worden. Er wurde durch eine Fachfirma aufwändig gereinigt, der Urin von den Balken abgewaschen und die Balken wurden mit einem Geruchsentferner behandelt, um den Geruch zu mindern. Schimmel wurde mit Wasserstoffperoxid rückstandslos entfernt.

Um den Dachboden besser vor Verunreinigungen durch den Kot der Tiere zu schützen, ist ein Teil des Dachbodens jetzt durch ein Netz abgetrennt, die Querbalken sind durch Schutzbleche aus Edelstahl vor dem Kot und dem Urin der Tiere geschützt.

Der nicht befestigte Teil des Dachbodens ist durch ausgelegte Unterspannbahnen abgedeckt und im Mittelgang wird durch einen noch einzubauenden zweiten Boden die Reinigung in nächster Zeit deutlich einfacher. Denn die 600 Tiere hinterlassen pro Jahr fast 80 kg Kot, der entfernt werden muss.

Die Situation für die Fledermäuse an kühlen Tagen verbessert der Einbau einer Wärmekammer. Die Beleuchtung ist fledermausfreundlich umgestaltet worden.

Kosten: Die „höhere Naturschutzbehörde“ bei der Bezirksregierung in Armsberg hat in einem vorläufigen Bescheid eine Förderung von 80% bewilligt, 20% trägt die Kichengemeinde. (Das war anders vorgsehen, einen Teil wollte der Kreis zu 100% bezahlen).

Das Große Mausohr ist in der „Roten Liste NRW“ als stark gefährdet geführt. Die Ursachen sind der Verlust von Wochenstubenquartieren und die durch Trockenheit und Borkenkäfer sterbenden Wälder.

Die Wochenstubenquartiere von Fledermäusen sind durch das Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt. Sie dürfen in der Zeit zwischen den 1. April und dem 30. September nur in Ausnahmefällen betreten werden um die Tiere nicht unnötig zu beunruhigen.

Das Interesse an Fledermäusen hat mein Opa in mir geweckt als ich 6 Jahre alt war. Seit 40 Jahren setze ich mich ehrenamtlich für Fledermäuse ein. 288 Tiere habe ich gepflegt und bei den Quartieren immer versucht das Wohl der Tiere und die Interessen der Eigentümer im Auge zu behalten. Ganz gleich ob es um ein Sommerquartier in einem Baum, an einem Haus oder auf einem Dachboden ging. Einfacher war das oft bei Winterquartieren in alten Gewölbekellern, Stollen, Bergwerken, Bunkern, Waserhochbehältern oder Überbleibsel ehemaliger Untertageverlagerungen aus dem zweiten Weltkrieg. In 90% aller Vorhaben waren Fledermäuse und Eigentümer zufrieden.

Vielen Dank an Dieter Hülshoff aus Bleiwäsche für die tollen Bilder und den interessanten Bericht!

Seltene Fledermäuse im Dachgeschoss der Kirche

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